Zur Zeit werden von zahlreichen Gesundheitsämtern aktuelle Zahlen zum Jahre 2015 veröffentlicht. Obwohl sich die Inhalte teilweise gleichen, ist die „Verpackung“ doch immer eine andere. Und soooo schön: Die von externen Bildagenturen eingekauften Fotos.
Heute beschäftige ich mich mit dem Verbraucherschutzbericht des Landes Niedersachsen. Den 31-seitigen Bericht können Sie HIER detailliert nachlesen.
Für diesen Bericht habe ich mir die Seite 22 ausgesucht. Hier geht es darum, dass bei den Prüfungen festgestellt wurde, dass jedes zehnte Bier in Niedersachsen „unerwünschte Keime“ aufwies. Nun gut, 10 Bier trinkt man recht selten, aber da man ja nicht allein in einer Kneipe oder einem Biergarten sitzt, ist die Gefahr natürlich doch sehr hoch, dass man genau eines dieser 10 Biere vorgesetzt bekommt – und vielleicht gar noch das zweite auch aus dieser „Charge“.
Auf dieser einzigen Seite im Bericht findet sich der folgende Satz:
„Die Hälfte der Studien führte bei 28 bis 52 Prozent des jeweils untersuchten Probenkontingentes zum Nachweis unerwünschter Keime.“
Oh. Die Hälfte von 100 Studien (gemeint sind wohl dieProben) (50 %) führte bei 50% – also dann bei 25% aller Proben zu dem Ergebnis, dass Keime vorhanden sind. Lassen wir mal einfach diese VON-BIS-Angaben weg, dann sieht man, dass im Bier in Niedersachsen eine Menge Keime vorkommen. Und wenn man dann im nächsten Absatz liest:
„Vereinzelt waren Proben aufgrund der Art bzw. des Ausmaßes der festgestellten Keimgehalte oder aufgrund grobsinnlich wahrnehmbarer Abweichungen als für den Verzehr ungeeignet zu beurteilen. „
….dann ist ein Biergenuss in Niedersachen nicht wirklich ein Biergenuss.
Für einen offiziellen Bericht finde ich die Angabe „vereinzelt“ doch sehr ungenau – aber Hauptsache die Fotos sind schön, oder? Und weil vielleicht nur eine einzige Seite im Bericht für die richtigen Fakten nicht so wirklich ausreichend war, folgen im Bericht ein paar Sätze, die zu verstehen geben, dass Handlungsbedarf (sorry, „Verbesserungspotenzial“) besteht,doch Details werden nicht genannt.
Im Bericht heißt es:
„Daher ist es unerlässlich, die Schankanlagen und das Anlagenumfeld
in regelmäßigen Abständen wirksam zu reinigen und zu desinfizieren
und so dauerhaft in einem hygienisch einwandfreien
Zustand zu halten. Untersuchungen zur Betriebsstätten- und
Anlagenhygiene belegen, dass hier ein nicht unerhebliches Verbesserungspotenzial besteht.“
Wow. Problem erkannt – und dann? Zur exakten Vorgehensweise zur Verminderung von Keimen im Bier in Niedersachsen finden sich im Bericht keine weiteren Hinweise. Schade eigentlich.
Von Journalisten, Politikern, etc. erwartet man (in Berichten, Doktorarbeiten, etc.) eine exakte Quellenangabe. Verständlich. Deshalb finde ich, dass der finale Absatz im Verbraucherschutzbericht des Landes Niedersachsen, der von Herrn Christian Meyer als „Niedersächsischer Minister für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz“ unterzeichnet wurde, hier der Öffentlichkeit noch ein paar Detailinformationen schuldet.
Warum? Im letzten Absatz dieses Berichtes heißt es:
„Obwohl diese Untersuchungsergebnisse im Vergleich zu den Ergebnissen anderer Studien deutlich günstiger ausfallen, werden aufgrund der Vielzahl von Getränkeschankanlagen auch zukünftig regelmäßige Probenuntersuchungen sowie eine zielgerichtete Anlagenüberwachung im Rahmen risikoorientierter Betriebskontrollen erforderlich sein.“
Ich würde deshalb erwarten, dass der Formulierung „im Vergleich zu den Ergebnissen anderer Studien“ auch eine Quellenangabe folgt. Diese Formulierung könnte bedeuten, dass wir (sorry, ich komme aus Niedersachsen) Niedersachsen in anderen Bundesländern noch schlimmer gefährdet sind. Man stelle sich vor, dass der gemeine und wenig keimgewohnte Niedersachse z.B. in den Süden der Republik zum Oktoberfest reist, dort Bier in großen Mengen aus noch größeren Behältnissen konsumiert und danach großen Schaden davonträgt, weil, ja, weil die Keimbelastung im Bier ungewohnt hoch war.
ACH.
Aber vielleicht ist ja Bier gar nicht ihr Lieblingsgetränk und Bakterien, Keime und Viren in den wasserführenden Leitungen von Schankanlagen interessieren Sie deshalb so rein gar nicht? Vielleicht finden Sie dann Gefallen an einer Abhandlung über Schadstoffe in Flip-Flops – auch kostenlos im Gesundheitsbericht (Verlinkung siehe oben) nachzulesen.
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