„Rote Zettel in ihren Briefkästen haben die Bürger aus XXX erhalten. Auf diesen Zetteln steht, dass coliforme Keime (Kolibakterien) im Trinkwasser gefunden wurden und jetzt eine Chlorung des Trinkwassers nötig ist.“

Diese oder eine ähnlich lautende Meldung finden Bürger desöfteren in Ihren Briefkästen. Es wird geraten, das Wasser abzukochen, damit man keinen Gefahren ausgesetzt ist. Die Bürger sind natürlich verunsichert und möchten GENAU wissen, was passiert ist. In diesem Fall wäre es hilfreich, wenn die lokale Presse ausreichend und kompetent informieren würde. (Es ist ja verständlich, dass der lokale Wasserversorger gerne am liebsten gar nicht informieren würde, aber dazu ist er gesetzlich verpflichtet…) Die lokale Presse hingegen kann meistens keine Trinkwasserexperten vorweisen und ist dann wieder auf die Angaben des lokalen Wasserversorgers angewiesen. Somit ist verständlich, dass die Fehl- oder Falsch-Informationen des Wasserversorgers 1:1 von der lokalen Presse übernommen werden. Dieses hilft den Bürgern wenig.

Ich schreibe diesen Artikel, weil heute exemplarisch ein Artikel in der „Augsburger Allgemeine“ veröffentlich wurde.

„Bei einigen Adressaten sorgten die Wurfsendungen offenbar für Unbehagen. Sie hätte sich mehr Informationen zu der Hygieneaktion gewünscht, machte eine Frau gegenüber unserer Zeitung deutlich.“

Dem Autor ist also bekannt, dass die Bürgerinnen und Bürger verunsichert sind – es wäre also wünschenswert, wenn auf Basis dieses Wissens viel Wert auf perfekte Berichterstattung gelegt wird – schließlich wird man nicht täglich darüber informiert, dass gefährliche Keime im eigenen Trinkwasser vorkommen. Dem ist leider nicht so. Die Berichterstattung ist nicht perfekt.

Ich möchte hier nicht detailliert auf den Artikel eingehen, habe jedoch einige Anmerkungen: Wenn Keime, Viren oder Bakterien im Trinkwasser entfernt werden, spricht man nicht von einer „Reinigung“ (wie im Artikel) sondern von einer „Desinfektion“. Das ist wichtig – und gesetzlich geregelt!

Eine Aussage aus diesem Artikel ließ mich jedoch aufhorchen. Wenn ich den oben verlinkten Artikel richtig verstanden habe, hat Herr Küfer (Geschäftsbereichsleiter des Gesundheitsdienstes (Landratsamt Neu-Ulm)) folgende Aussage getroffen:

Die coliformen Keime seien nicht so schädlich wie die ähnlich klingenden Kolibakterien.

Diese Aussage ist nicht ganz korrekt. Sicherlich würden einige Experten für Trinkwasser und Trinkwasser-Hygiene sogar behaupten wollen, dass diese Aussage FALSCH ist. Deshalb ist Aufklärung sicherlich nötig.

29783cc0bb0e5361_640_waterWAS SIND COLIFORME Keime?
Coliforme Keime leben ganz natürlich im Darm von Menschen und auch Tieren. Dazu gehören Salmonellen, Klebsiellen, Enterobakterien, welche zur Gruppe der Escherichia-Coli-Bakterien (E.Coli) gehören. Einzelne oder wenige dieser Bakterien können dem gesunden Menschen keinen Schaden zufügen. Einige dieser Bakterien sind für eine normale Darmtätigkeit sogar NOTWENDIG!

Wird jedoch eine größere Anzahl dieser Erreger dem Darm zugeführt, reagiert dieser mit Durchfall. Der Körper hat also erkannt, dass die Gesamtmenge dieser Keime zu groß ist und scheidet diese aus. Diese Reaktion ist zwar nicht sehr angenehm und kann einen Urlaub (begrenzte Zeit) schnell zunichte machen, aber größere Schäden für den Körper entstehen meistens nicht.

ABER: Wenn diese Fäkalkeime nicht über den Darm in unseren Körper gelangen sondern durch die Blutbahn, das Gehirn oder die Lunge (Aerosole!!!), dann drohen Entzündungen, Harnwegsinfekte und Lungenentzündungen. Dieses sind typische Folgen einer Infektion mit coliformen Keimen, sagt u.a. Janine Zweigen vom Institut für Hygiene und Umweltmedizin an der Charité Berlin. Eine Behandlung dieser Krankheiten durch Antibiotika zeigt mittlerweile aufgrund von Resistenzbildungen keine Wirksamkeit mehr. Vorsicht ist also geboten!

WICHTIG: Zu den „nicht so schädlichen“ (Zitat siehe oben!) Keimen gehört auch der EHEC-Keim. Ich kann aus diesem Grund nicht erkennen, wie in diesem Fall zwischen gefährlich und „nicht so schädlich“ unterschieden wird. Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat zum Thema EHEC einen Ratgeber veröffentlicht, den Sie hier (Ratgeber EHEC vom RKI) aufrufen können.

Wenn SIE also verstehen, wie in diesem Fall zwischen gefährlichen und „nicht so schädlichen“ Bakterien im Trinkwasser unterschieden wird, bin ich für Kommentare sehr dankbar.

 

 

Photo by National Library of Medicine – History of Medicine

Zusätzliche Infos: Keime im Trinkwasser

Merkblatt zum Thema EHEC beim RKI

Originalartikel